Experteninterview mit André Sinkwitz und René Griesel

Miacosa Gruppe, André Sinkwitz und René Griesel

Vorstellung André und René

André Sinkwitz und René Griesel sind in der Pflege zuhause. Als examinierte Pflegefachkräfte standen sie selbst am Bett, als sie 2004 im Rhön-Klinikum Bad Neustadt aufeinandertrafen.

Aus ihrer gemeinsamen Expertise und Leidenschaft entstand 2012 der erste eigene Pflegedienst, der sich rasch von der Hauskrankenpflege über die Erwachsenen- und Kinderintensivpflege bis hin zu ambulanten Wohngruppen und später auch stationären Einrichtungen weiterentwickelte.

Heute betreibt die Unternehmensgruppe mehrere ambulante Dienste, acht Wohngruppen sowie erste stationäre Einrichtungen und beschäftigt rund 400 Mitarbeitende an 19 Standorten in Mitteldeutschland.

Miacosa Gruppe karte

Sabrina : Praxisnähe und Leidenschaft: Die Entwicklung von Miacosa

André :
2004 lernten wir uns in einem Klinikum kennen und entschieden 2012 zusammen den ersten gemeinsamen Pflegedienst zu gründen. Als Sitz wählten wir Nohra bei Nordhausen, ein kleines verschlafenes Dörfchen. Von dort aus ging die Reise beinah explosionsartig nach vorne. Wir haben neben der Hauskrankenpflege, bedingt durch unsere berufliche Vorprägung, recht zügig die außerklinische Intensivpflege angeboten. Durch unsere Berufserfahrung hatten wir guten Kontakt zu Kostenträgern und Einweisern und entsprechend in diesem Bereich sehr schnell Auftrieb. 2013 erweiterten wir zudem um den Bereich der Kinderintensivpflege. Der damaligen Herausforderung haben wir uns gestellt und beide Bereiche funktionieren bis heute perfekt. Mit den Jahren kamen, gerade in der Intensivpflege, viele Auflagen und Regularien hinzu. Die Qualitätskriterien sind angehoben worden, was wir sehr begrüßen, da es auch zu einer verbesserten Versorgung der Menschen führte.

2014 haben wir beschlossen die Hauskrankenpflege weiter auszubauen. Später (2017) kauften den ersten Pflegedienst zu, damals in der Nähe von Leipzig. Dabei haben wir schnell festgestellt, dass wir die Kunden ab einem gewissen Pflegegrad ambulant verlieren. Ab Pflegegrad 3 kann es in der häuslichen Versorgung etwas schwierig werden. Auch pflegende Angehörige kommen dann nicht selten an ihre Grenzen. Wir sind dann bewusst in die Ideenentwicklung gegangen, welche Gebäudeformen wir für ein Versorgungssetting anbieten können. Unsere Wahl fiel auf ambulanten Wohngruppen. Das Konzept des freien Lebens in einer guten familiären Struktur gefiel uns.

Gemeinsam mit der Heimaufsicht haben wir das Thema abgestimmt:

Was ist möglich? Was dürfen wir? Wie kann man so etwas gut machen?
Mittlerweile betreiben wir insgesamt acht Wohngruppen, sechs davon in Thüringen, zwei in Sachsen-Anhalt.
2022 kam dann noch die erste stationäre Einrichtung dazu und auch aktuell stehen wir wieder davor, zum Jahreswechsel eine weitere stationäre Einrichtung zu übernehmen.

Sabrina : Wie groß ist eure Gruppe aktuell?

René :

Derzeit beschäftigen wir knapp 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 19 verschiedenen Standorten innerhalb Mitteldeutschlands.

Sabrina : Innovation und Zukunftsfähigkeit: Wie sehen die nächsten Schritte aus? Was ist eure Entscheidungsgrundlage und Inspiration für neue Ideen?

René :
In den kommenden Jahren würden wir gerne weiter wachsen im Bereich des Senior Livings. Regional wollen wir in unseren Kerngebieten bleiben, aber diese etwas ausweiten.

So weit wie möglich sollen auch innovative Baukonzepte, was Energie, aber auch den Technisierungsgrad anbelangt, sukzessive eingeplant und später auch an gewisse Robotik-Themen angebunden werden, damit man eben auch upgraden kann, je nachdem, was die technische Zukunft im Pflegebereich in den kommenden Jahren noch anbieten wird.

Sabrina : Seid ihr im Austausch mit Marktteilnehmern oder mit IT-Dienstleistern hinsichtlich neuer Technologien?

René :

Bei neuen Ideen sind wir sehr umtriebig und immer an neuem interessiert. Wir hören unterschiedlichste Podcasts und gehen gerne auf Nicht-pflegerelevante Veranstaltungen, wo sich beispielsweise Bauingenieure, Elektroinstallationsbetriebe, etc. tummeln, um mitzubekommen, was die Themen sind, die dort bewegt werden bzw. die sich bewegen, um Baukörper konzipieren zu können, die wirklich innovativen Charakter haben.

In Süden Bayerns entsteht gerade ein interessantes Projekt zusammen mit der Technischen Universität München. Das haben wir uns virtuell angeschaut, um Ideen und Impulse mitzunehmen und dann zu schauen, wo die Reise mittel- und langfristig hingeht. Wir sind nicht im ständig im Austausch mit anderen Marktteilnehmern, aber wir beobachten den Markt sehr genau, vor allem was die Zukunftskonzepte anbelangt. Wir erfahren auch viel durch unsere Klienten vor Ort, wir versorgen knapp 3.000 Pflegebedürftige in der Unternehmensgruppe und erfahren hier schnell, was noch gebraucht wird. So können wir unsere Angebote anpassen und uns fragen: Sind wir da noch auf dem richtigen Weg oder müssen wir da neue Ideen kreieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben?

Sabrina : Entwicklung des Pflegemarkts und strategische Ausrichtung: Wie haben sich die verschiedenen Pflegebereiche verändert?

André :
Mitte der Zehner Jahre haben wir 90% unseren Umsatz in der außerklinischen Intensivpflege generiert. Mittlerweile haben wir, dass diese Zahl auf ca. 45% gesenkt. Das heißt, der Großteil unserer Einnahmen entspringt derzeit dem ambulanten Setting, der somatischen Wohngruppen, aber auch der vollstationären Pflege. Das sind die Folgen des IPReG. Auch für uns hat sich hierdurch einiges verändert und wir versorgen weniger Intensivpflegebedürftige im häuslichen Setting. weil wir natürlich auch merken, dass der Markt der AKI in der Zukunft nicht mehr diese Wachstumsraten generieren wird, da einfach die Regularien enorm geworden sind. Es gab zwar vor kurzem vom GBA (Gemeinsamer Bundesausschuss) eine Novellierung in Bezug auf das IPReG (Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz) und dessen Folgen. Da gab es auch die ein oder anderen kritischen Stimmen zu entsprechenden Fehlentwicklungen, da beispielsweise die Krankenhauseinweisungen zu massiv angestiegen sind. Das war ein Kernpunkt, an dem der GBA nachjustieren wollte. Unserer Einschätzung nach sind wir da nicht auf dem richtigen Weg. Es wird sich zeigen, was die Kostenträger daraus machen.

Wir haben vor knapp 10 Jahren eingeleitet, wo wir heute stehen, nämlich einfach unser Angebot breiter aufzustellen, um am Ende auch in Zeiten von Regulatorik oder Entwicklungen der Politik entsprechend sicher zu stehen und nicht ins Straucheln zu geraten.

[…]

Bleiben Sie gespannt auf Teil 2 dieses spannenden Interviews, in dem André und René ausführen wie sich der §132L auf ihren Arbeitsalltag, als auch die Branche auswirkte. Wir sprechen über die Zusammenarbeit mit den Krankenkassen und gehen genauer darauf ein, inwiefern sich ihre vorausschauenden Planungen positiv auf die Stabilität der Gruppe auswirkten.