Steigende Zinsen, strengere Kreditvergaben und höhere Anforderungen an Sicherheiten machen klassische Bankfinanzierungen zunehmend unattraktiv oder gar unerreichbar. Gerade im Mittelstand führt das dazu, dass Nachfolgelösungen ins Stocken geraten oder ganz scheitern. In diesem Umfeld gewinnt ein altbekanntes Instrument wieder an Bedeutung: das Verkäuferdarlehen, auch bekannt als Vendor Loan. Es schließt Finanzierungslücken, schafft Vertrauen und ermöglicht Transaktionen, wo Banken zurückhaltend bleiben. Doch wie funktioniert das Modell – und worauf ist zu achten?

Was ist ein Vendor Loan?

Beim Unternehmensverkauf spielt neben dem Kaufpreis insbesondere die Finanzierung eine zentrale Rolle. Eine zunehmend verbreitete Finanzierungsform ist das sogenannte Vendor Loan – auf Deutsch: Verkäuferdarlehen. Dabei handelt es sich um ein Darlehen, das der Verkäufer dem Käufer zur Verfügung stellt, um einen Teil des Kaufpreises zu finanzieren. Der Verkäufer wird somit nicht nur Veräußerer, sondern gleichzeitig Kreditgeber. Dieses Modell bietet beiden Parteien Vorteile – birgt jedoch auch Risiken, die sorgfältig berücksichtigt werden sollten.
Ein Vendor Loan kommt häufig dann zum Einsatz, wenn Käufer und Verkäufer eine Lösung suchen, die finanzielle Spielräume schafft – etwa bei begrenztem Eigenkapital oder zurückhaltender Kreditvergabe durch Banken. In einem herausfordernden Finanzierungsumfeld bietet das Verkäuferdarlehen die Möglichkeit, Transaktionen dennoch umzusetzen – und dabei sogar höhere Kaufpreise abzubilden, als es durch klassische Finanzierung allein möglich wäre. Der Verkäufer übernimmt in diesem Fall die Rolle eines Mitfinanzierers und signalisiert damit gleichzeitig Vertrauen in das Unternehmen und den Käufer. Für Banken wiederum wirkt ein nachrangiges Verkäuferdarlehen häufig wie wirtschaftliches Eigenkapital, was die Gesamtstruktur der Finanzierung stabilisieren kann.
Die vertragliche Ausgestaltung eines Vendor Loans ist individuell verhandelbar. Üblich sind feste Zinssätze mit endfälliger Tilgung oder Rückzahlung in Raten. Zudem werden häufig bestimmte Sicherungsmechanismen vereinbart, etwa Kündigungsrechte bei Kontrollwechseln, Informationspflichten oder Beschränkungen bei Ausschüttungen, solange das Darlehen noch besteht. Eben weil kein Fall dem anderen gleicht, ist es ratsam, sich frühzeitig rechtlichen und steuerlichen Beistand zu sichern, um eine ausgewogene und rechtssichere Regelung zu gewährleisten. Auch die Kombination mit sogenannten Earn-Out-Modellen – also erfolgsabhängigen Kaufpreisbestandteilen – ist denkbar, wenn der Verkäufer weiterhin am Unternehmenserfolg partizipieren soll.

Vor- und Nachteile

Für Verkäufer bietet ein Verkäuferdarlehen die Chance, einen Teil des Kaufpreises attraktiv zu verzinsen und gleichzeitig die Transaktion schneller und flexibler abzuwickeln – insbesondere dann, wenn Banken zögerlich agieren oder umfangreiche Prüfprozesse verlangen. Zudem signalisiert das Angebot eines Verkäuferdarlehens Verlässlichkeit und schafft Vertrauen auf Käuferseite. Denn das finanzielle Engagement des Verkäufers zeigt: Er glaubt an den Fortbestand und die Zukunftsfähigkeit seines Unternehmens. Außerdem eröffnet ein Verkäuferdarlehen die Möglichkeit, auf den noch offenen Teil des Kaufpreises eine attraktive Verzinsung zu erzielen. Dabei ist zu beachten, dass die Zinserträge in der Regel versteuert werden müssen – auch wenn der tatsächliche Zahlungszufluss gestreckt erfolgt. Es empfiehlt sich daher ein enger Austausch mit dem eigenen Steuerberater, um steuerliche Fallstricke zu vermeiden und die Gestaltung optimal abzustimmen.
Auch Käufer profitieren: Ein Verkäuferdarlehen erhöht ihre finanzielle Flexibilität, da ein Teil des Kaufpreises nicht sofort aufgebracht werden muss. Das ist besonders in Nachfolgeprozessen im Mittelstand oder bei wachstumsstarken, aber noch kapitalgebundenen Unternehmen von Vorteil. Denn durch das Vendor Loan reduziert sich der kurzfristige Kapitalbedarf des Käufers und es bleibt mehr finanzieller Spielraum für Investitionen oder laufende Verpflichtungen.
Allerdings bringt das Modell auch Risiken mit sich. So kann der Verkäufer im schlimmsten Fall einen Teil des Kaufpreises verlieren, falls der Käufer zahlungsunfähig wird. Das Risiko hängt stark von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Erwerbers sowie von der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens ab. Auf Käuferseite bedeutet das Verkäuferdarlehen zusätzliche Zins- und Rückzahlungsverpflichtungen, die die Liquidität belasten können. Auch steuerliche und aufsichtsrechtliche Fragestellungen – insbesondere bei größeren Darlehenssummen – sollten sorgfältig geprüft werden.

Fazit

Insgesamt stellt das Vendor Loan ein wirkungsvolles Instrument dar, um Unternehmensübernahmen zu ermöglichen oder zu erleichtern. Es verbindet Elemente von Fremd- und Eigenkapital und schafft eine Brücke zwischen den Interessen beider ParteienIn einem Umfeld gestiegener Zinsen, restriktiverer Banken und komplexer Finanzierungen wird das Verkäuferdarlehen zunehmend zum entscheidenden Deal-Enabler – und nicht länger als freiwillige Zugabe betrachtet. Voraussetzung für einen erfolgreichen Einsatz ist allerdings eine klare vertragliche Regelung der Rückzahlungsmodalitäten, der Rangfolge gegenüber anderen Gläubigern sowie eventueller Sicherheiten. Eine professionelle rechtliche und steuerliche Beratung ist dabei unerlässlich.
Ein Verkäuferdarlehen eignet sich besonders in Konstellationen, in denen Verkäufer und Käufer an einer partnerschaftlichen, mittel- bis langfristig angelegten Lösung interessiert sind. Allerdings setzt dies ein gewisses Vertrauensverhältnis voraus – denn der Verkäufer bleibt finanziell involviert und ist vom wirtschaftlichen Erfolg des Käufers abhängig. Gerade im Mittelstand ist die Sorge nicht untypisch, dass ein unerfahrener oder strategisch anders agierender Käufer das Unternehmen in eine Schieflage bringt – und damit auch den noch offenen Kaufpreis gefährdet. Umso wichtiger ist es, die Rückzahlungsbedingungen sorgfältig zu gestalten, Risiken realistisch einzuschätzen und gegebenenfalls mit vertraglichen Schutzmechanismen abzusichern. Richtig strukturiert, kann ein Vendor Loan nicht nur Finanzierungslücken schließen, sondern auch das gegenseitige Vertrauen stärken und die Transaktion beschleunigen.